Minimalismus – Das Wesentliche im Leben

Mein Minimalismus
Ich besitze mehr als ich nur irgendwie in endlicher Zeit nutzen kann. Ich bin nicht extrem strickt bei dem was ich besitze, bedeutet, es gibt mit Sicherheit Menschen die absichtlich weniger haben als ich.
Umzüge waren für mich schon immer eine gute Gelegenheit, Dinge los zu werden, die ich gar nicht mehr verwende. Besonders mein großer Umzug nach Hamburg hat mich so einiges los werden lassen. Nachdem ich dann für eineinhalb Jahre nach Portugal gezogen bin, habe ich mich wirklich nur auf das Wesentliche beschränkt. Meine Möbel habe ich verkauft oder verschenkt, meine Klamotten ausgemistet und gespendet. Ich bin dann mit einem großen Rucksack, einem Karton, meinem Fahrrad und meinem Monitor nach Portugal gezogen. Die ersten paar Wochen hatte ich nur meinen Rucksack. Ich habe nur in schon möblierten Wohnungen gelebt und bin am Ende meiner Auslandszeit sogar mit weniger zurückgekommen als ich hingekommen bin (mein Fahrrad wurde mir geklaut, der andere hat es bestimmt mehr gebraucht als ich). 🙂
Ich bin jetzt seit vier Jahren zurück in Deutschland und bin der Meinung, dass ich (fast) nichts habe was ich nicht regelmäßig nutze.
Der Maximalismus anderer
Wir leben in einer Gesellschaft, die es uns erlaubt alles zu haben, was wir uns vorstellen können und durch eine wohl organisierte Werbemaschinerie sogar Dinge von denen wir gar nicht wussten, dass wir sie “brauchen”. Unsere Nachbarn zeigen uns auf, was wir nicht haben und der Neid treibt uns dazu noch einen obendrauf zu setzen. Das neue Handy, das größere Auto und die Schränke die schon überquellen und nach einer größeren Wohnung verlangen, um überhaupt alles unterzubekommen. All unser Konsum treibt uns dann in eine neue Nachbarschaft mit größerer Wohnung. In der neuen Wohngegend geht das Spiel dann von vorne los – die Nachbarn haben ja jetzt noch größere Autos und einen noch extravaganteren Lebensstil, dem man natürlich nicht nachstehen will. Wo kommt all dieser “Luxus” her? Wie finanzieren das eigentlich unsere Nachbarn? Ich glaube nicht, dass auf den neuen SUV 10 Jahre gespart wurde. ‚Gespart‘ wird über den Kredit und die höheren Raten werden abgezahlt.
Was kostet die Welt, wenn man sie in Zeit misst?
Wie viele Stunden muss man mit Arbeit verbringen ,um sich den vermeintlichen Luxus gönnen zu können. Wenn man mal aufschreibt wofür man denn in einer Woche wie viel Zeit verbringt, ist es doch erstaunlich wie wenig einem von den Wachstunden noch bleiben, um sie nach eigener Vorstellung zu gestalten.
Beispiel:
Wenn wir mal davon ausgehen das wir 7-9 Stunden pro Tag schlafen bleiben noch 105-119 Wachstunden.
Tätigkeit | Stunden pro Woche |
Arbeit | 35 – 50 h |
Arbeitsweg und Pause | 10 – 22 h |
Kochen und Essen | 8 – 14 h |
Einkaufen | 2 – 4 h |
Putzen | 1 – 4 h |
Körperpflege | 3 – 6 h |
Klo | 2 – 3 h |
Bart pflegen | 3 – 6 h |
Gesamt | 64 – 109 h |
Wenn wir davon ausgehen, dass wir für die generellen Dinge im Leben schon mehr Zeit brauchen als wir Wachzeit zur Verfügung haben, dann bleibt doch die Frage wann wir die ganzen Dinge die wir uns zulegen überhaupt nutzen. Irgendwo muss man abstriche machen, meiner Meinung nach, bei den Dingen die einfach nur im Schrank liegen.
Woher kommt der Minimalismus?
Die Minimalismus-Bewegung kommt eigentlich aus der Kunst. Hier wird auf alles verzichtet, was nicht unbedingt nötig ist. Wie auch beim materiellen Minimalismus kann das wahrgenommene erstmal befremdlich wirken. Wer kein vollständiges Bild präsentiert bekommt, muss sich zunächst einmal selbst mit den eigenen Gedanken beschäftigen, anstatt alles vorgekaut zu bekommen. Es wird verlangt die Gedanken auf wenige Elemente zu fokussieren, auf eben das Wichtigste.
Analog kann man auch eine Linie zum Materiellen Minimalismus ziehen, wenn wir nicht so viele Dinge haben, die uns ablenken können, haben wir die Möglichkeit uns intensiver damit zu beschäftigen, was uns bleibt. Es geht nicht darum auf neue Anschaffungen zu verzichten, sondern das was wir schon haben in voller Fülle zu genießen.
In unserer Konsum geprägten Gesellschaft scheint das ein Widerspruch zu sein. Natürlich ist mehr immer besser, richtig?
Warum also Minimalismus? Was steckt denn genau dahinter?
Ist euch schon einmal der Gedanke durch den Kopf gegangen euch mehr Zeit mit etwas, sagen Lesen, zu beschäftigen? Was hält euch davon ab?
Seid Ihr schon mal vor eurem Kleiderschrank gestanden und habt euch gefragt was Ihr anziehen sollt? Ja? Aber bestimmt nicht aus Ermangelung von Klamotten.
Wie wir vorhin gesehen haben steht uns nur ein begrenztes Maß an frei verfügbarer Zeit zur Verfügung. Desto mehr man besitzt, umso weniger dieser begrenzten Zeit kann man mit jedem einzelnen Gegenstand verbringen.
Daraus schließt sich: Der Wert einzelner Besitztümer nimmt direkt zu mit jedem Gegenstand den man weniger besitzt.
Wie findet man Gegenstände die man nicht mehr braucht?
Nimm einen Gegenstand in die Hand und überlege dir, ob du ihn in den letzten 3 Monaten benutzt hast, wenn nicht, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass du ihn auch die kommenden 3 Monate nicht benutzen wirst.
Wie schafft man es seine Besitztümer zu reduzieren?
Es gibt mehrere kreative Möglichkeiten dies zu tun.
Das Minimalismus-Spiel, oder 30 Tage der Entledigung
Dreißig Tage lang trennt man sich täglich von einem Gegenstand mehr als am Vortag. Am ersten Tag einen Gegenstand, am zweiten zwei und so weiter.
Packing Party
Eine weitaus radikalere Variante Dinge los zu werden, die man nicht mehr braucht, ist, einen Umzug zu simulieren. Alles, und ich meine wirklich alles, wird entweder eingepackt, oder im Falle von großen Gegenständen zumindest verpackt, genau wie bei einem Umzug. Im Gegensatz zu einem richtigen Umzug bleibt alles in der Wohnung stehen.
Wenn ihr einen Gegenstand benutzen wollt packt ihr ihn wieder aus. Ihr könnt für euch selbst entscheiden wie lange ihr euch Zeit gebt, 30 – 60 Tage sind ein gutes Maß. Alles was ihr nicht ausgepackt habt könnt ihr entsorgen.
Wohin mit den Dingen die man gar nicht mehr braucht?
Verkaufen
Verschenken
Wegwerfen
Und wenn ich irgendwann feststelle, dass ich einen Gegenstand doch brauche?
Dann gibt es Nachbarn und Freunde die gerne bereit sind etwas zu borgen. Wenn man wirklich feststellt, dass einem ein Gegenstand regelmäßig fehlt ,kann man ihn immer noch (wieder) anschaffen. Aber eben nur nach gründlicher Evaluierung.
Anbei findet Ihr den von mir am 12.04.2018 gehaltenen Vortrag.
PDF: Minimalismus
PowerPoint: Minimalismus
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