90 Mile Beach
Tag | Ziel | km | h | gkm |
1 | Cape Reinga – Twilight Camp | 12 | 3 | |
2 | The Bluff | 27 | 6,5 | 39 |
3 | Hukatera Lodge | 29 | 7,5 | 68 |
4 | Ahipara | 34 | 8 | 102 |
Neunzig Meilen scheint eine Übertreibung zu sein, die auf einen Messfehler zurückzuführen ist. Soweit ich weiß, wurden früher Pferde bzw. deren Ausdauer zur Messung von Entfernungen herangezogen. Ein durchschnittliches Pferd schaffte wohl 30 Meilen am Tag. Das Pferd, das zur Vermessung dieses Strandes im Norden Neuseelands benutzt wurde, schaffte eher 30 km pro Tag.
In den Trailnotes wird zwar betont, dass man auf den ersten 100 Kilometern am Strand auf die Gezeiten achten muss, aber das würde ich nur bedingt unterschreiben, die ersten 12 Kilometer können etwas problematisch sein, aber selbst bei Flut war es kaum ein Problem durchzukommen. Die restlichen Kilometer sind überhaupt kein Problem. Allerdings habe ich das Rätsel noch nicht ganz gelöst, denn eigentlich müsste das Wasser ab und zu höher stehen.
Da alle am gleichen Ort starten und alle ungefähr an den gleichen Plätzen campen (müssen), trifft man sich am Nachmittag in einer bunt gemischten Gruppe zum Erfahrungsaustausch. Wie immer sind natürlich viele Deutsche dabei. Ansonsten sind wir mit drei Amerikanern, einem Aussie und einem Kiwi wenig bunt gemischt.
Der Einstieg in den Te Araroa ist nicht unbedingt der landschaftlich schönste, aber auf jeden Fall gut, um sich die Füße zu vertreten oder, wie mir passiert, mal wieder einen geschwollenen Knöchel zu erlaufen. Das Gelände ist flach und man weiß immer genau, wo es langgeht, immer am Wasser entlang. Man kann sich auch dann nicht verlaufen, wenn man es versucht.
Da es nicht sehr abwechslungsreich ist, hat man immer noch seinen eigenen Geist, um der Langeweile zu entfliehen. Außerdem gibt es einige Kuriositäten zu bestaunen, z.B. die vielen Quallen, die entlang der Strecke angespült wurden, oder die verschiedenen Vogelarten, die ich nicht zuordnen konnte. Interessant waren auch die Möwen, die aus der Luft versuchten, Muscheln zu knacken, indem sie sie auf den gehärteten Sand fallen ließen.
Man hat viel Zeit, sich an den kleinen Dingen zu satt zu sehen. Zum Beispiel die vielen schönen Muster, die der Wind im Sand gezeichnet hat.
Je länger man im strömenden Regen den Strand entlang läuft, je mehr man spürt, wie die Füße schreien, endlich anzukommen, je mehr sich die Wolkendecke gegen einen wendet, je mehr man sich wünscht, dass dieser endlose Strand, an dem wir seit vier Tagen entlang laufen, endlich ein Ende hat, desto mehr sehnt man sich nach etwas Komfort und nach jemandem, der für einen kocht. Später wird sich herausstellen, dass uns auch Letzteres verwehrt bleibt.
Die Wellen schlagen unaufhörlich gegen das Ufer und untermalen die Szenerie unseres Elends mit einem ständigen Rauschen. Der Wind ist kaum vernehmbar und doch allgegenwärtig.
Welch ein Gefühl, am ersehnten Ziel angekommen zu sein, wenn die Seife unter der heißen Dusche schäumend über den geschundenen Körper rinnt und man sich in der Wärme der hinter sich gelassenen Sandkilometer bewusst wird, was man in den letzten vier Tagen geleistet hat. Eine Dusche als Symbol der vorübergehenden Erleichterung, bevor wir als Kameraden auf das nächste Dreißigstel anstoßen.
Bis auf meinen geschwollenen Fuß geht es mir prächtig. Ich hoffe, dass ein Ruhetag, wie zu Beginn des Jahres in Leon, auch diese Kleinigkeit in Vergessenheit geraten lässt.
Leute
Unterwegs trafen wir Tim, der für 60 km nur eineinhalb Stunden länger brauchte als ich. Ich hatte 30 km in 6,5 Stunden geschafft. Es ist wirklich beeindruckend, was manche Menschen leisten können. Er wird wahrscheinlich ein Mythos werden, wenn er seinen Tagesdurchschnitt von 50 km bis nach Bluff durchhält.
Steve liefert uns eine weitere interessante Geschichte von jemandem, der sich unvorbereitet auf die Reise gemacht hat. Er kam in der ersten Nacht als Letzter auf dem Campingplatz an und musste feststellen, dass sein Zelt kaputt war. Zu spät, um noch eine Straße zu erreichen und per Anhalter in die nächste Stadt zu fahren. Zu unserer Überraschung stand am nächsten Morgen ein unbekanntes Zelt neben dem unseren. Steve hat es unter einer Bank versteckt gefunden.
No Comments