Slowenischer Hochalpinweg Tag 13 – Triglav
Start: Koča na Doliču
Ziel: Pogačnikov dom na Kriških podih
Strecke: 17 km
Aufstieg: 1850 hm
Abstieg: 2000 hm
Früher Start in den Tag
Man sagt, dass man, um ein richtiger Slowene zu sein, mindestens einmal in seinem Leben auf dem Triglav gewesen sein muss. Gemessen daran, wie voll die Hütte war, scheinen das auch viele sehr ernst zu nehmen. Obwohl ich mir sicher bin, dass die vielen Außer Slowenen vielleicht auf eine Einbürgerung hoffen. Für mich war es sicher ein Highlight, einmal auf dem höchsten Berg Sloweniens zu steigen. Von meinem Heimatland Deutschland kann ich das nicht behaupten.
Am Abend hatte ich noch das Wetter an der Rezeption für den kommenden Tag gecheckt. Die Hütte war die erste, bei der ich gar keinen Empfang hatte – und irgendwie fühlte sich das gut an, ein Stückchen Offline-Sein vor dem großen Aufstieg. Schönes Wetter war zwischen 6 und 9 Uhr vorhergesagt. Dennoch startete ich sehr früh: Um 6:30 Uhr stand ich bereit, den höchsten Berg Sloweniens, den Triglav, zu besteigen.


So viele Leute, wie sich in der Hütte bereits getummelt hatten, und so beliebt wie das Ziel ist, war ich überzeugt, dass auf dem Weg zum 2800-Meter-Gipfel die Massen unterwegs sein würden. Doch weit gefehlt: Ich begegnete niemandem. Die Stille, die Leere auf den Wegen, hatte etwas fast Unwirkliches. Erst am Gipfel traf ich auf ein paar Holländer und einen Amerikaner – wir halfen uns gegenseitig beim Fotografieren.
Ein bisschen verwundert sahen sie mich an, da ich Badehosen an hatte. Für mich ist das einfach die bequemste Art zu wandern – bei dem Wind um 7 Uhr morgens allerdings eine kleine Herausforderung. Die Sonne lugte vorsichtig über die entfernten Bergspitzen, und ihr Licht ließ die Alpen in leuchtenden Pastelltönen erstrahlen. Hintereinander gestaffelte Grautöne der Anhöhen, wie kaskadenartige Wellen, und die Wolken im Tal, die den grünen Dschungel darunter teilweise verdeckten, schufen eine Landschaft, die sich anfühlte wie eine Szene aus Jurassic Park.



Abstieg und Frühstück
Nachdem ich mich sattgesehen hatte – und mir langsam kalt wurde – begann ich den Abstieg. Wie erwartet war er genauso unkompliziert wie der Aufstieg. Die Klettersteige hatte ich mir deutlich schwieriger vorgestellt. Ein Klettergurt hätte hier wenig gebracht – im Gegenteil, er wäre wahrscheinlich hinderlich gewesen.
Die Hüttenwirtin hatte mir etwa zweieinhalb Stunden für den Aufstieg prognostiziert. Ich war nach knapp zwei Stunden schon wieder zurück, bereit für Frühstück: Spiegeleier mit Brot und Butter. Einfach, aber genau richtig, um Energie zu tanken.


Wieder auf der Route mit Marc
Marc, der ebenfalls in der Hütte übernachtet hatte, verzichtete auf den Gipfel. Er läuft die Via Alpina von Triest nach Monaco, eine 2000 km lange Strecke, die eigentlich keine Gipfel vorsieht, aber über die gesamte Distanz trotzdem rund 120.000 Höhenmeter umfasst.
Frisch gestärkt machten wir uns auf den Weg zurück zur Hauptroute. Marc richtet sich eher nach Höhenmetern als nach Kilometern, überschreitet die 1600 Höhenmeter pro Tag ungern. Bergab blieben wir zunächst zusammen – im gleichen Tempo. Ich musste ihn oft fluchen hören, warum man erst so weit nach unten läuft, nur um dann direkt wieder hochzukraxeln. Ich versuchte ihm zu erklären, dass das einfach Teil der Berge ist. 🙂



Begegnung mit Joaquim und Margaux
Auf dem Aufstieg zum Pass begegneten wir Joaquim und Margaux. Der Spanier Joaquim lebt in Deutschland, Margaux in Frankreich. Die beiden sind alte Freunde, die für eine längere Wanderung über sieben Tage zusammen unterwegs waren – das erste Mal für sie eine solche Tour. Sie waren überrascht, uns schon zu sehen, da sie deutlich früher losgelaufen waren. Von da an gingen wir gemeinsam weiter.

Immer wieder schoss ich voraus, dann wartete ich auf die Gruppe. Ich werde oft „Maschine“, „Verrückt“ oder „Übermenschlich“ genannt. Die zwei Amerikaner, die ich zuvor getroffen hatte, wollten mir sogar den Trailnamen „Cheeto“ geben – in Anlehnung an den Geparden, ein flinkes Raubtier. Niemand war bisher so schnell unterwegs wie ich – oder er war immer vor mir. Warum ich so viel Ausdauer habe? Keine Ahnung. Ich werde normalerweise erst ab 16 Uhr müde. Alles davor ist pure Power.
Gipfel, Snacks und Aussicht
Ich bin sehr glücklich über meinen Körper und darüber, dass sich das viele Gerede anderer, das es in meinem Alter schon bergabwärts geht, einfach nicht bewahrheitet hat. Ich bin jetzt fast 40 und habe das Gefühl, fitter zu werden statt umgekehrt.
Bei einer Pause kochte Marc Kaffee, wir teilten Snacks. Joaquim hatte eine fast zu große Tüte Trockenfrüchte dabei – mindestens ein Kilo. Mir recht – ich labte mich an Feigen und anderen Leckereien. Der Wanderhunger hatte inzwischen voll zugeschlagen.

Abseits der Route wartete ein weiterer Gipfel. Marc war zuerst etwas verärgert, dass ich ihn dorthin gelockt hatte, obwohl es nicht nötig war ihn zu erklimmen. Am Ende war er froh. Wir entschieden, gleich dort oben zu Mittag zu essen – mit atemberaubender Aussicht auf den Triglav, auf dem ich Stunden zuvor noch gestanden hatte.

Oben machten wir uns einen Spaß mit einer Alpendohle. Sie ließ sich füttern, traute sich aber nicht nah an uns heran. Blitzschnell schnappte sie sich die Happen und flog davon – eher wie ein Rabe. Wie ich später herausgefunden habe, gehört Alpendohlen tatsächlich zu den Rabenvögeln. Sind demnach auch so intelligent, wie man ihnen nachsagt.

Abend in der Hütte und Jahrestag
An der Hütte für die Nacht angekommen, gönnte ich mir ein Stück Kuchen und Kaffee. Der Tag hatte alles verlangt – körperlich wie mental.
Da einige schon angemerkt hatten, dass meine Füße nicht frisch rochen, wusch ich sie zweimal gründlich. Danach konnte man meine Gesellschaft wieder ertragen.
Später telefonierte ich mit Sabrina – unser Jahrestag. Ich hatte sie aus der Ferne mit einem Video und einem Strauß Blumen überrascht, der schon vor ihrer Haustür lag, als sie von der Arbeit kam. Sie freute sich riesig. Dieses Mal hatten wir drei Tage nur einen täglichen Check-in vereinbart, dass ich gut angekommen bin. Keine ständige Nachrichtenflut, dafür ein ausgiebiges Telefonat nach drei Tagen – uns tat es beiden richtig gut.
Manche Tage tröpfeln einfach nur monoton an einem vorbei, einen Schritt vor den anderen, ohne viel Spektakel. Dieser Tag war dagegen vollkommen anders. Der Aufstieg auf den höchsten Punkt, gute Gesellschaft zu gutem Wetter. Alles hat gepasst und wurde noch durch den Sonnenuntergang mit Blick ins Tal abgerundet.



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