Felsvorsprung der Erinnerungen
Goat Pass
Der Deception River war der erste Abschnitt des Trails, den ich zusammen mit Logan schon einmal vor vier Jahren gewandert bin. Damals war es für mich der aufregendste Tag unserer Reise nach Norden. Dieses Mal hatte ich genau das gleiche Gefühl. Der Fluss ist ein Meer aus riesigen Felsen, zwischen denen sich das Wasser ergießt. Ich liebe es, darauf herumzuklettern und von einem zum anderen zu springen. Es gibt zwar einen Trail direkt am Fluss, aber wer will schon Spaß gegen einfaches Gelände eintauschen?
Ohne nasse Füße den Weg nach oben zu finden, zaubert mir ein Lächeln ins Gesicht, das selbst der Joker nicht toppen kann. Oben angekommen war ich fast traurig, dass der Spaß vorbei war.
In der Goats Pass Hütte brauchte ich eine Weile, um zu realisieren, dass Logan und ich vor fast genau vier Jahren schon einmal hier übernachtet hatten. Ich musste erst ein paar Schritte durch die Hütte gehen, um meinem Gedächtnis auf die Sprünge zu helfen, aber dann machte es klick und die Flut des bereits Bekannten brach über mich herein. Kennt ihr das Gefühl, wenn man eine neue Stadt erkundet und irgendwann feststellt, dass man an einer Stelle schon einmal war und plötzlich alles einen Sinn ergibt und sich die Stadt zu einem stimmigen Ganzen zusammenfügt? So habe ich mich gefühlt.
Auf dem Weg nach unten, auf der anderen Seite des Passes, hatte ich noch mehrere solcher Momente, in denen mir die Begegnungen der Vergangenheit wieder einfielen.
Da Connor und ich zu faul waren, dem Pfad zu folgen, der immer auf und ab führte, stiegen wir noch einmal in das Flussbett hinab, um noch mehr Spaß in der Felslandschaft zu haben. Diesmal war es etwas anspruchsvoller. Immer wieder wurden unsere Beine bis zur Hüfte nass, so dass wir unsere Wertsachen wasserdicht verpacken mussten, um den Fluss an einer Verengung zu durchschwimmen.
Ein anderes Mal ging es so steil einen Felsen hinunter, dass es einer akrobatischen Meisterleistung gleichkam, unten auf den Füßen zu landen. Connor, der etwas kürzere Beine hat, wurde geholfen, indem ich mich an den Felsen lehnte und ihm eine Räuberleiter anbot.
Was ich an diesem Tag erlebt habe, hat in mir die Lust auf Canyoning geweckt. In Queenstown werde ich dem mal auf den Grund gehen. No pun intended.
Das Wasser wälzt sich an mir vorbei, ich halte Ausschau nach meinem ersten Ziel. Eine trockene Spitze ragt aus dem Wasser, wie ein Eisberg im Ozean. Weitere folgen. Ich ergreife meine Chance und setze zum Sprung an. Einen nach dem anderen nehme ich, so wie er sich mir präsentiert. Viel Zeit zum Nachdenken bleibt nicht, wer nachdenkt, verliert. Jetzt heißt es handeln, zielen und ausführen. Das Adrenalin lässt mich noch konzentrierter vorgehen, die Steine werden größer, je höher ich klettere, manchmal fast unüberwindbar.
Es muss ein anderer Weg gefunden werden. Von Mal zu Mal traue ich mir mehr zu, weiter und höher. Wie eine Katze klammere ich mich an senkrechte Felsen. Mit letzter Kraft ziehe ich mich hoch, nur um gleich wieder auf der Suche nach meinem nächsten Opfer zu sein. Ziel ist es, keine nassen Füße zu bekommen, oben zu bleiben und ohne den Trail zu benutzen, oben anzukommen.
Manche Felsen muss ich klettern, das Gelernte beim Bouldern umsetzen. Fehler werden immer härter bestraft, ich begehe keine Fehler, ich fühle mich unbesiegbar. Irgendwann müssen Connor und ich uns doch ergeben, einem Wasserfall in unbekanntes Tiefen.
Ein letztes Mal klettern wir auf einen Felsen, der uns wieder auf die Höhe des eigentlichen Weges bringen soll. Wir ahnen nicht, wie schwierig es sein wird, im Gestrüpp den richtigen Weg zu finden. Endlich geschafft, gehen wir leichten Fußes unserem Ziel entgegen.
Dutch
Heute sind wir in Hamilton Hut angekommen, der Hütte, in der ich vor ziemlich genau vier Jahren zum ersten Mal Dutch gespielt habe. Ein Meilenstein in meiner Freizeitgestaltung und in der vieler meiner Freunde bis heute.
Spielregeln
Bei diesem Spiel erhält jeder Spieler vier verdeckte Karten. Ziel des Spiels ist es, so schnell wie möglich so wenig Punkte wie möglich vor sich liegen zu haben. Zu Beginn des Spiels darf sich jeder zwei der vor ihm liegenden Karten ansehen und merken. Nun wird reihum eine Karte vom Nachzieh- oder Ablagestapel gezogen, angeschaut und entweder mit einer eigenen Karte getauscht oder abgelegt. Hat jemand eine Karte mit dem gleichen Wert wie die abgeworfene Karte, darf man auch seine Karte abwerfen. So kann man Karten und damit Punkte loswerden.
Es gibt einige Sonderkarten. Wenn diese abgeworfen werden, wird ihre Funktion ausgelöst. Bube: Zwei ausliegende Karten, entweder von einem selbst oder von den Mitspielern, werden vertauscht. Das dient der Verwirrung oder, wenn man sich gemerkt hat, was die anderen haben, um niedrigere Karten zu bekommen. Dame: Man darf eine ausliegende Karte anschauen.
Die Kartenwerte reichen von As gleich 1 bis zu schwarzen Königen gleich 13 Punkten. Die roten Könige haben den Wert Null.
Wer glaubt, nach seinem Zug die wenigsten Punkte zu haben, darf Dutch sagen und damit die letzte Runde für alle anderen Spieler einläuten. Hat der Spieler, der Dutch gesagt hat, nach der Runde tatsächlich die wenigsten Punkte, bekommt er 10 Minuspunkte. Hat er es nicht geschafft, bekommt er die Punkte seiner Karten und in der nächsten Runde eine Karte mehr. Alle anderen bekommen die Punkte ihrer Karten. Wer den Dutch-Ansager besiegt hat, bekommt selbst 3 Minuspunkte. Wer die wenigsten Punkte hat, gewinnt.
Vergessenes
Ich wusste gar nicht mehr, wie schön der Weg zur Hamilton Hütte ist. Vor vier Jahren waren wir an einem Tag nur bis Lagoon Sattle gekommen. Diesmal sind wir den ganzen Weg gelaufen und haben es einen kurzen Tag genannt. Komisch, wie sich die Zeit-Raum-Verhältnisse in ein paar Jahren verschieben können. Der erste Anstieg vom Parkplatz, wo uns ein nettes Geschwisterpaar absetzte, war die einzige wirkliche Herausforderung an diesem schon späten Tag, der mit einer guten Tasse Kaffee begonnen hatte.
Wir schlenderten gemütlich bergauf und genossen den Blick auf den Bealey River, den wir am Vortag durchschwommen und durchwandert hatten. Ein letzter Blick, bevor wir auf der anderen Seite der Lagoon Sattle durch den Wald ins Tal hinabstiegen. Unterwegs begegnet uns die Familie mit ihren beiden Kindern (5 und 8 Jahre). Zuletzt hatte ich sie vor Wochen kurz vor den Tararuas gesehen. Die vier machen wirklich gute Fortschritte.
Die nächsten zwei Tage hatte ich nur zum Teil schon einmal gemacht. Damals haben Logan und ich uns weiter ins Landesinnere fahren lassen und sind dann auf einer anderen Route zu einem See zum Baden gegangen. Vieles an diesen beiden Tagen war also völlig neu für mich.
Aber auch der Teil, den ich schon vorher gegangen bin, hat mich anscheinend nicht so sehr beeindruckt, dass ich mich noch daran erinnern könnte.
Die Pinnacles, die extra auf der Karte eingezeichnet waren, waren mir völlig unbekannt. Ich ließ es mir daher nicht nehmen, dieses Naturschauspiel zu besteigen und näher zu betrachten.
Die Berge, die sich um uns herum auftürmten, erweckten mit ihren Wolkenschleiern den Eindruck, als würden sie bis ins Unendliche reichen. Wie sich am nächsten Tag herausstellte, waren sie viel stumpfer, als sie uns glauben ließen. In ihrer ganzen Pracht, eingehüllt in einen Wolkenschleier, präsentierten sie sich uns schon beim Aufstehen.
Am Ende des dritten Tages wurden wir von einer netten Dame zu selbstgebackenen Keksen und einem kühlen Getränk eingeladen, bevor uns ein Shuttlebus in die nächstgelegene Stadt Methven abholte. Hier konnten wir uns wie im Schlaraffenland durch die Speisekarte der verschiedenen Cafés und Bars schlemmen. Meiner Erinnerung nach war die Auswahl hier vor vier Jahren noch wesentlich geringer, aber vielleicht täusche ich mich. Das Gedächtnis spielt einem manchmal einen Streich.
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