Choquequirao – Harte Alternative zu Machu Picchu
Irgendwie hatte ich ursprünglich gar keine Lust, nach Machu Picchu zu gehen. Mir wurden Horrorgeschichten darüber erzählt, wie schwer es sei, Eintrittskarten zu bekommen. Die Vorstellung von den Touristenmassen, die täglich zum Weltwunder strömen, hatte meine Lust darauf irgendwie verdorben. Schon in Kolumbien hatte mir Nato, den ich während meines Volunteering kennengelernt hatte, von Choquequirao erzählt, einer weniger bekannten Alternative zu Machu Picchu.


Als ich meine Wanderung nach Choquequirao plante, fiel mir auf, dass die beiden Ruinen nur etwa 60 Luftkilometer voneinander entfernt liegen. Die Aussicht, abseits der touristischen Salkantay-Route zum Heiligtum Machu Picchu zu wandern, und die Tatsache, dass ich wahrscheinlich nur einmal in dieser Gegend sein würde, überzeugten mich schließlich, beide Ruinen zu besuchen.
Ich habe mich wie immer nur auf die zurückzulegenden Kilometer konzentriert. Die Höhenmeter, die es zu bewältigen gab, hatte ich nicht bedacht. Obwohl ich in den vergangenen Wochen gut trainiert hatte, hätte ich meine Kniebandage mitnehmen sollen.


Warum Choquequirao als geheime Alternative zu Machu Picchu gehandelt wird, wird einem bereits am ersten Tag klar. Statt eines bequemen Busfahrens zum Eingang erwartete mich ein fast senkrecht abfallender Pfad. Ursprünglich hatte ich vor, am ersten Tag bis zur anderen Seite des Tals kurz vor die Ruinen zu gelangen, aber meine Knie hatten andere Pläne. Schon vor dem niedrigsten Punkt am Fluss musste ich mehrere Pausen einlegen und meinen Rucksack absetzen, um meinen Knien eine Erholungspause zu gönnen. Das war ein Schmerz, den ich seit vielen Jahren nicht mehr gespürt hatte.


Die Kilos drückten, die Schritte fielen schwer, die Sonne brannte auf meine Haut, und das Wasser floss direkt aus meiner Flasche wie durch ein Sieb durch meine Poren. Auf dem Weg traf ich auf zwei Australier, begleitet von Eseln, ihren Treibern, einem Koch und einem Führer. Die Esel wurden den Berg hinauf getrieben, als ob es flache Prärie wäre, doch selbst die Esel schwitzten genauso stark wie ich.
Angekommen an der ersten geeigneten Stelle zum Zelten, sah ich, wie der Treiber sein T-Shirt auswringte. Sie schienen noch weiterzugehen, weiter nach oben, wohin ich eigentlich für den Tag wollte. Aber nein, ich kannte meine Grenzen, blieb dort und gönnte meinen Knien eine verdiente Pause.


Am nächsten Tag brauchte ich noch weitere drei Stunden, um die Stelle zu erreichen, an der ich ursprünglich campen wollte. Zum Glück hatte ich auf meine Knie gehört. Die australische Gruppe war am Vortag erst spät im Dunkeln dort angekommen.


Die Ruinen sahen aus, als hätten sie vergessen, die Dächer aufzusetzen. Seit fast 500 Jahren stehen die Steinbauten dort ungenutzt. Die ursprünglichen Bewohner wurden nach einigen Auseinandersetzungen von den Spaniern einfach vertrieben.
Es ist beeindruckend, wie sie es geschafft haben, einen solchen Palast auf der Spitze eines Berges so abgelegen und ohne geeignete Lasttiere zu bauen. Lamas und Alpakas sind nur für Lasten bis zu 25 Kilo geeignet. Erst die Spanier brachten geeignete Tiere, wie Pferde und Esel, mit.


Der Abstieg von den Ruinen auf der anderen Seite bereitete die gleichen Probleme wie zwei Tage zuvor. Ich war immer noch besorgt um meine Knie, und der Schweiß strömte weiterhin, wie in einer guten Brauerei aus den Fäßern.


Seit dem zweiten Tag begleiteten uns zwei Hunde. Wir schenkten ihnen nicht viel Aufmerksamkeit, um sie nicht dazu zu ermutigen, uns zu folgen, aber ohne Erfolg. Die Hunde begleiteten uns auf unserer anstrengenden Reise, baten weder um Zuneigung noch um Essen, sondern waren damit beschäftigt, miteinander zu vögeln. Sie blieben oft in ineinander verstrickt, ein Anblick, der zum Schmunzeln war.


Da ich, mit meinen langen Beinen, die Führung übernahm, hefteten sich die beiden Hunde an meine Fersen. Sie legten dabei sicher das zwei- bis dreifache an Strecke zurück. Immer wieder rannten sie voraus, blickten zurück und trieben mich an, ihnen zu folgen. Sie waren noch motivierter als ich. Es war schön, eine solche Gefolgschaft zu haben, Freunde, die sich einfach freuten, jemanden um sich herum zu haben, bedingungslose Liebe.
Auf meinem Weg von Yamana nach Collpapampa auf dem Salkantay-Trek kam mir eine Familie mit einem Esel entgegen. Die Tochter verliebte sich sofort in die beiden Hunde, und die Mutter versuchte, mit mir zu verhandeln, um die Hunde zu kaufen. Scherzhaft verlangte ich zwei Soles (50 Cent) pro Hund. Sie nahmen die Hunde geschenkt. Meine Freunde hatten ein neues Zuhause bei jemandem, der ihnen die Aufmerksamkeit und Futter schenken konnte, die ich aufgrund meiner begrenzten Kapazitäten nicht bieten konnte.


Dieser Tag stellte sich als einer der längsten meiner Zeit in Peru heraus. Ich versuchte, über einen Pass zu gelangen, um auf der anderen Seite zu campen. Die andere Seite erwies sich jedoch als ungeeignet zum Zelten, da es kein Wasser und keine flachen Stellen gab. Ich war insgesamt 27 Kilometer gewandert, weiter als geplant, hatte über 2.000 Höhenmeter überwunden und fast genauso viele abwärts bewältigt, bevor ich schließlich an einem kleinen Bach ankam, der mir einen Ort für die Nachtruhe bot. Nach einer warmen Mahlzeit aus meinem Rucksack fiel ich in einen todesähnlichen Schlaf, der mich bis zum Morgengrauen begleitete.

Meine Essensreserven, die für sechs Tage geplant waren, waren nach fünf Tagen aufgebraucht. Das war kein Problem, da ich auf Collpapampa zählte, einen kleinen Ort auf dem touristischen Salkantay-Trek. Leider war er zu touristisch und bot nur fertige Mahlzeiten, aber keine Einkaufsmöglichkeiten. Abgesehen von ein paar vertrockneten Karotten gab es dort nichts zu kaufen. Der nächste Markt war 12 Kilometer in die entgegengesetzte Richtung von meinem Plan entfernt.
Flexibel wie ich bin und oft sein muss, machte ich mich auf den Weg dorthin. Nun war ich auf den touristischen Pfaden unterwegs. Auf dem schmalen Pfad musste ich mich immer wieder an den Touristenmassen vorbeidrängen, die auf dem Salkantay-Trek unterwegs waren. Die überraschten Gesichter, als sie sahen, dass jemand mit einem so großen Rucksack so schnell sein konnte, waren unbezahlbar.
Wenn man keine festen Pläne hat, kann man sich auf Überraschungen einlassen. Mitten auf dem Pfad traf ich Nick, einen sehr aufgeschlossenen Briten, den ich bereits in Lima getroffen hatte. Er erzählte mir von seinen Reisen mit dem Fahrrad durch Südamerika und von einer App, die Wildcamping-Plätze anzeigt. Über diese App fand ich einen Campingplatz mit Blick auf Machu Picchu.

Um dorthin zu gelangen, musste ich in brütender Hitze einen steilen Anstieg auf dem Inkatrail bewältigen. Mein Schweiß strömte. Die Nachmittagssonne brannte erbarmungslos auf mich herab. Ich hatte nicht genug Wasser für meinen Durst und musste es sparsam verwenden. Es lohnte sich jedoch, denn als ich ein hölzernes Tor erreichte und hindurchging, bot sich mir eine Wiese mit Blick auf Machu Picchu. Dieser Ausblick wurde einem nur nach der Anstrengung des Aufstiegs gewährt und blieb den Bustouristen verwehrt. Ich übernachtete dort auf dem Zeltplatz, der Besitzer hat mir für die Nacht 1,25 Euro berechnet, inklusive einer Dusche. WLAN, Abendessen und Frühstück kosteten extra, aber es war das wert. Ich genoss das Essen in Gesellschaft einer Gruppe, die sich bereits auf dem Salkantay-Trek getroffen hatte, bestehend aus Franzosen, Spaniern, Engländern und einem Holländer.


Am nächsten Tag mussten wir uns beeilen, um rechtzeitig nach Aguas Calientes zu kommen und Tickets zu kaufen. Wir beschlossen, dass derjenige, der am schnellsten ist, die Tickets für die anderen holen sollte. Trotz meines späten Starts holte ich alle anderen ein und übernahm mit Jorrit, dem Holländer, die Aufgabe, die Eintrittskarten zu besorgen.


Die Horrorgeschichten bewahrheiteten sich nicht. Insgesamt mussten wir nicht länger als eine Stunde warten, um erstklassige Tickets für den nächsten Morgen zu erhalten. Der Rest des Tages verbrachten wir in dem touristischen Ort bei Kaffee, Kuchen und anderen Leckereien. Die Gespräche drehten sich um ausgedehntes Fahrradfahren und das Erlernen von Sprachen.
Teil zwei der Wanderung findet ihr hier.
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